Ein Sommerabend am Seeufer, ein neugieriger Jungstorch – und ein
stilles, aber intensives Erlebnis.
Jener friedliche Sommerabend,
an dem du unten im Gras hockst und durch die Kamera diesen jungen Storch beobachtest und wie er im Sucher größer und größer wird und du denkst: Schon krass, was moderne Zoomopik kann; und dann fällt dir ein, dass du gar keine krasse Zoomoptik besitzt, und im selben Moment hörst du schon, wie der Jungstorch sich leise räuspert, also gewissermaßen, und du nimmst ganz langsam die Kamera aus dem Gesicht und siehst, dass der Typ inzwischen direkt vor dir steht, sein Kopf mit deinem fast auf gleicher Höhe, und nachdem du ihn aus der Entfernung noch in Ruhe beobachtet hattest, denkst du nun plötzlich: Fuck, der ist mir jetzt aber dicht auf die Pelle gerückt, das ist doch ein Fremder, der ist gefährlich, wer weiß schon, was seinesgleichen für Bräuche und Traditionen hegt, bestimmt hackt er gleich mir nichts, dir nichts seinen spitzen Schnabel direkt in mein Gesicht; aber dann dreht er so ein bisschen den Kopf ein und den Schnabel von dir weg, und du siehst, wie sich im Wind das Gefieder auf seiner Stirn bewegt, wie wenn dahinter etwas arbeitet, und er blickt dich an, ganz friedlich und still und auch ein bisschen neugierig, als würde er jederzeit mit dir über Gott und die Welt reden, wenn er denn könnte, und dann denkst du: Was bin ich nur für ein Idiot, entschuldige bitte, gemeinsam können wir wahrscheinlich die Welt verändern, sie vielleicht ein wenig besser machen; und kaum hat er sich deines Gedankens vergewissert, wendet er sich in aller Seelenruhe von dir ab, mit diesem zufriedenen Habitus von jemandem, der gerade eine Mission vollendet hat, und geht langsam am Seeufer entlang seinen Weg, an jenem friedlichen Sommerabend.